Zugegeben, es ist die falsche Marke. Eine schlecht getarnte Mogelpackung. Doch in Wien ist der vor allem im Osten Deutschlands beliebte Rotkäppchen-Sekt schlichtweg nicht erhältlich. In der Uckermark hingegen – jenem verlassenden Landstrich nord-östlich von Berlin, der sehr wenig Infrastruktur, noch weniger Menschen, dafür aber ganz viel Gegend zu bieten hat – ist das freilich anders. Hier sprudelt der lausige Schaumwein bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Und eben hier, in der lauschigen Uckermark, im fiktiven Örtchen Fürstenfelde, spielt Saša Stanišićs fein konstruierter Roman Vor dem Fest (Luchterhand Verlag, 2014). Darin laufen auf verschiedenen Zeitebenen so viele Handlungsstränge zusammen, dass auf eine Inhaltsangabe getrost verzichtet werden kann. Ein perlender Perlentaucher wird’s schon richten.
”„Unser Annenfest. Was wir feiern, weiß niemand so recht. Nichts jährt sich, nichts endet oder hat an genau diesem Tag begonnen. Die Heilige Anna ist irgendwann im Sommer, und die Heiligen sind uns heilig nicht mehr. Vielleicht feiern wir einfach, dass es das gibt: Fürstenfelde. Und was wir uns davon erzählen.“
Saša StanišićVor dem Fest
Aber sagen wir mal so: Ein Dorffest steht an und in der Nacht davor passiert so allerhand. Viele kleine Momentaufnahmen, schrullige Charaktere, streunende Füchse, alte Legenden und neue Probleme. Stanišić verzichtet auf eine durchgehende Handlung und konzentriert sich vielmehr auf einzelne Episoden. Auf diese Weise gelingt ihm ein ganz famoses Panorama einer verschwiegenen Dorfgemeinschaft im Brandenburgischen, vor und nach der Wende. Ab und an gehen ihm dabei die Pferde durch. Die ein oder andere Ebene, Episode oder Figur hätte man getrost streichen können. Sei’s drum. Viel Wumms zwischen zwei Buchdeckeln und insgesamt ein wirklich erfreuliches und spritziges Stück Literatur, ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse.
Eine köstliche Besprechung! Deine Seite ist wunderbar geworden, das Design gefällt :))
Ganz lieben Dank. Ich habe das Bloggen ja gewissermaßen auf Instagram gelernt und damit auf einer Plattform, die sehr visuell angelegt ist. Das sollte die Webseite irgendwie aufgreifen. Man darf ruhig erkennen, aus welcher „Ecke“ ich komme. 🙂