Interview: Aljaž Koprivnikar

Von 02.06. 2024 Magazin

Anlässlich seines Auftritts beim Internationalen Lyrikfestival W:ORTE in Innsbruck habe ich mich mit dem slowenischen Schriftsteller Aljaž Koprivnikar über seinen Lyrikband Kleine Anatomie unterhalten, der im Jahr 2023 in der Übersetzung von Matthias Göritz im Verlag Axel Dielmann erschienen ist. In unserem Gespräch streifen wir jedoch auch viele weitere Themen, was auch daran liegt, dass Koprivnikar in zahlreiche Projekte involviert ist. So ist der 1987 in Ljubljana geborene Lyriker u. a. künstlerischer Leiter des Festivals Fabula und Koordinator des europäischen Lyrik-Netzwerks Versopolis.

Lieber Aljaž, wie schön, dass du dir Zeit für dieses Gespräch nimmst. Du kommst ja gerade erst vom Flughafen, weil du ein paar Tage in Norwegen verbracht hast. Was hast du da eigentlich genau gemacht?

Ich habe am World Expression Forum teilgenommen, das in diesem Jahr bereits zum vierten Mal im norwegischen Lillehammer stattgefunden hat. Dort werden junge Aktivist:innen aus ganz unterschiedlichen Bereichen eingeladen, um sich miteinander zu vernetzen. Zudem gab es viele Vorträge, z. B. zu den Themen Menschenrechte, Meinungsfreiheit oder digitale Transformation. Eine wirklich augenöffnende Erfahrung, die mich noch stärker für die globalen Probleme sensibilisiert hat. Ich war das erste Mal dort und es war sehr emotional, auch weil sie uns gleich am Anfang nach Utøya gebracht haben – die Insel, auf der die größte Tragödie der norwegischen Geschichte stattfand. Für mich war das eine wirklich harte Erfahrung, weil wir an meiner Fakultät in Prag im Dezember eine Schießerei hatten und ich immer noch nicht in der Lage bin, das Gebäude zu betreten.

In welcher Funktion wurdest du nach Norwegen eingeladen? Als Literaturvermittler?

Aufgrund meiner Arbeit im Literaturbereich, ja. Vor allem wegen meines Engagements im slowenischen PEN. Ich bin dort Vorsitzender für Übersetzung und sprachliche Rechte. Es wurden einige jüngere Leute vom PEN nach Norwegen eingeladen.

Wir haben uns letztes Jahr auf der Frankfurter Buchmesse kennengelernt, direkt vom dem Ehrengast-Pavillon. Am Gastland-Auftritt Sloweniens warst du vermutlich beteiligt, oder?

Nur so ein bisschen, weil ich generell viel mit Miha Kovač zusammenarbeite, der einer der Kurator:innen das Gastland-Programms war. Aber wirklich stark involviert war ich nicht. Die einzige Ausnahme war die Präsentation von Versopolis im slowenischen Pavillon, bei der wir Versopolis als ein gutes Beispiel für europäische Zusammenarbeit vorgestellt haben. Versopolis wird von Slowenien aus geleitet, existiert seit über zehn Jahren und ist derzeit das weltweit größte Netzwerk von Poesiefestivals.
Und dann habe ich auch noch eine Einladung von Matthias Göritz erhalten, was mich völlig überrascht hat. Ich war fast schockiert, dass tatsächlich eine Auswahl meiner Gedichte übersetzt und dann in Frankfurt präsentiert wurde. Ich war also nicht nur Teil der Anthologie Mein Nachbar auf der Wolke, sondern bekam auch einen eigenen kleinen Band in deutscher Übersetzung.

Ich bin ja völlig fasziniert davon, wie viel Matthias Göritz im Rahmen des Gastland-Auftritts übersetzt hat. Zumal ich alle Übersetzungen, die ich kenne, für sehr gelungen halte. Keine Ahnung, wie der das hinbekommen hat.

Das frage ich mich auch. Viele Freunde, die sowohl Deutsch als Slowenisch sprechen, haben mir versichert, dass diese Übersetzungen sehr gut sind. Das freut mich sehr. Bevor ich nach Frankfurt kam, wusste ich gar nicht, dass mein Buch dort präsentiert wird. Es war eine wirklich schöne Überraschung, die frisch erschienene Kleine Anatomie unter all den anderen Büchern im slowenischen Pavillon vorzufinden.

Aber wie kann dich das überrascht haben? Du wusstest doch, dass das Buch in der Übersetzung von Göritz im Dielmann Verlag erscheinen würde. In einer kleinen Reihe mit schmalen, aber schön ausgestatteten Bänden, wie ich finde.

Ich war insofern überrascht, als dass die meisten Leute, wenn sie über mich sprechen, vor allem erwähnen, dass ich Kurator und Projektleiter bin, hier und dort arbeite. Und irgendwann, meistens zuletzt, wird dann noch erwähnt, dass ich auch schreibe. Das ist übrigens völlig in Ordnung so. Ich habe nichts dagegen, weil ich mich selbst nicht wirklich stark als Autor promote. Im Grunde promote ich mich überhaupt nicht.
Hinzu kommt, dass ich bislang erst zwei Lyrikbände veröffentlicht habe und nicht so häufig auftrete, zumindest nicht in Slowenien. Ich versuche den literarischen Raum in Slowenien zu meiden, obwohl ich für ihn arbeite. Ein bisschen Abstand ist nicht verkehrt. Meine Landsleute kennen mich also eher als Organisator und Veranstalter und weniger als Dichter. Im Ausland ist es mitunter umgekehrt.
Zu guter Letzt hat mir mein slowenischer Verleger Brane Mozetič immer vermittelt, dass meine Texte eher für Übersetzungen in die südlichen Sprachen geeignet seien. Das habe ich eigentlich auch immer gedacht. Denn bislang wurde ich tatsächlich vorrangig in südeuropäische Sprachen übersetzt – ins Griechische, Spanische oder Portugiesische –, vereinzelt aber auch in andere Sprachen.

Inwiefern funktionieren deine Texte denn besser in den südlichen Sprachen? Wie erklärt sich das?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Schaut man sich beispielsweise die zeitgenössische junge Poesie in Deutschland an, so ist diese – ohne verallgemeinern zu wollen – in vielen Fällen sehr politisch. Sie muss eine starke Haltung einnehmen. Auch in meiner Poesie findet man politische Standpunkte, aber viel subtiler.
In den südlichen Regionen und Sprachen Europas neigen die Leser:innen eher dazu, das wirklich Lyrische zu schätzen. Das ist bei mir ähnlich. Nicht im Sinne einer selbstgenügsamen L’art pour l’art Haltung, denn ich versuche ja schon Gesellschaftskritik in meine Texte einzubringen. Aber immer vermittelt durch die Sprache, durch einen genuin lyrischen Ansatz.

Dabei sind die Texte im Band Kleine Anatomie sehr unterschiedlich. Eins der Gedichte – Bei einem Besuch – ist beispielsweise der Prosa sehr nah, das ist für mich im Grunde so etwas wie eine Miniatur.

Ja, das stimmt. Ich habe großen Spaß daran, mit Formen zu spielen, was man bereits am ersten Gedicht des Bandes erkennen kann. In Anatomie habe ich versucht, eine wirklich kalte statistische Sprache mit einer lyrischer Sprache zu kombinieren, um in gewisser Weise auch die Trennung zwischen Gefühl und Ratio aufzuzeigen. Gleichzeitig werden wir von unserem Körper gesteuert, sind Gefangene unserer Instinkte.
Aber bezüglich des Gedichts, das du angesprochen hast: Ja, da gibt es eine Nähe zur Prosa. In diesem Teil des Bandes widme ich mich der Frage, wie Sprache und Erinnerungen verschwinden. Denn dieser Teil des Buches ist meiner Großmutter gewidmet, die an Alzheimer und Demenz erkrankt ist. Obwohl ich traurig war, sie zu verlieren, fand ich es doch gleichzeitig faszinierend zu sehen, wie ein Mensch verschwindet, seine Sprache verliert, zerfällt und letztlich zu einer Pflanze wird. Wir klein und verletzlich wir werden, wenn wir diese Welt verlassen.

Kleine Anatomie scheint mir ein sehr gut gewählter Titel für den Band. Denn fast alle Texte beschäftigen sich direkt oder indirekt mit dem Körper. Das Verhältnis zwischen Gefühl und Ratio oder, wenn man so will: Geist und Materie, greifst du im Eröffnungsgedicht wirklich schön auf. Zunächst zählt der Text lauter Dinge auf, ganz nüchtern: aus wie vielen Zellen und Knochen der menschliche Körper besteht, wie viele Liter Blut durch ihn strömen. Dann aber kommt es zu einer Verschiebung hin zu einer qualitativen Ebene, so könnte man das vielleicht sagen: wie viele Wörter wir am Tag sprechen, wie sensibel unsere Fingerkuppen und Lippen sind. Interessant finde ich zudem die Gestalt bzw. das Layout des Gedichts. Es erinnert mich an eine Wirbelsäule.

Ich finde Zahlen sehr faszinierend. Für dieses Gedicht musste ich viel recherchieren, um an all diese statistischen Daten zu kommen. Einige sind sehr interessant, andere furchtbar traurig. Durchschnittlich haben wir im gesamten Leben nur 4239 Mal Sex. Schrecklich!

So als Durchschnittswert ist das doch ganz schön oft.

Ehrlich? Nein nein, das ist einfach nur furchtbar. Ich finde es echt schlimm, dass wir so wenig Zeit damit verbringen, miteinander zu schlafen.

Ich halte das für eine ziemlich hohe Ziffer. Auch die zwei Wochen, die wir statistisch gesehen im Leben mit Küssen verbringen. Ist doch ne ganze Menge, oder nicht?

Zwei Wochen Küssen, das ist mir viel zu wenig. Auch im Vergleich zu den anderen Werten, die im Gedicht auftauchen. Ich habe wirklich viel recherchiert und auch die graphische Komponente war mir sehr wichtig. Damit möchte ich die Leser:innen dazu bewegen, in in gewisser Weise zwischen den Versen zu schwimmen, selbstständig zu strukturieren und umzustrukturieren. Das ohnehin immer fragmentierte Subjekt löst sich in meinen Texten immer mehr auf. Am Ende des Bandes bleibt nur noch sehr wenig davon übrig.

Die deutschsprachige Ausgabe endet mit den Texten … An Karl Marx, … An Rosa Luxemburg und … Für Daniel Goebbels. Diese drei Gedichte bilden für mich eine Einheit. Der Band verfügt über eine interessante Dramaturgie: Du beginnst mit dem Aufbau des menschlichen Körpers, widmest dich dann dem Verfall und endest schlussendlich mit der Liebe. Das sind ja Liebesgedichte.

Das hat Matthias Göritz sehr gut ausgewählt. Ich habe ihm da auch sämtliche Freiheiten gelassen. Das letzte Kapitel, dasjenige über die Liebe, hat ein Literaturkritiker übrigens zum Anlass genommen, mich als „die Hure der slowenischen Literatur“ zu bezeichnen. Das wird mir immer in schöner Erinnerung bleiben.

Interessantes Statement. Kann ich angesichts der Texte aber gar nicht recht nachvollziehen.

Es war auf jeden Fall nicht als Kompliment gemeint. Vor der Veröffentlichung musste ich aber tatsächlich einige Leute anrufen, da ich mich in ein paar Gedichten mit ehemaligen Liebschaften auseinandersetze. Teilweise musste ich dann auch die Namen ändern.

Oh, dann bist du die Alanis Morissette oder Taylor Swift der slowenischen Lyrik!

Ich hoffe nicht. Es versuchen ja ohnehin viel zu viele, die neue Taylor Swift zu sein. Das wirkt sich nicht unbedingt positiv auf die Qualität der slowenischen Lyrik oder der Literatur im Allgemeinen aus. Aber klar, manchmal sage ich einem Liebhaber, dass er lieber vorsichtig sein sollte, da er sonst in einem meiner Gedichte landen könnte.

Karl Marx und Rosa Luxemburg sind mir natürlich ein Begriff. Aber wer ist Daniel Goebbels?

Im Grunde genommen ist das ein ehemaliger Liebhaber. Eine Familie hat eine ziemlich düstere Nazi-Vergangenheit. Darüber haben wir viel geredet, als wir zusammen waren. Gleichzeitig beschäftigt sich mein Text damit, wie die Nazis die Sexualität und die Queer-Community unterdrückt haben. Zuvor war Deutschland ja erstaunlich fortschrittlich und liberal.

Matthias Göritz schreibt im Nachwort des Auswahlbandes über dich: „seine Gedichte sind Glanzstücke einer neuen, queeren Poesie.“ Nun muss ich jedoch gestehen, dass ich das queere Element beim Lesen deiner Lyrik gar nicht unbedingt erkannt habe…

In meinem Verlag, dem Zentrum für slowenische Literatur, gibt es eine Reihe namens Škuc, die sich queerer Literatur widmet. Hier bin ich jedoch nicht vertreten, da mein Verleger der Meinung ist, meine Texte seien nicht schwul genug. Das sind natürlich seine Worte. Und so erscheinen meine Bücher in der kleinen Reihe Aleph, was mich sehr stolz macht, da in dieser Reihe einige der wichtigsten Lyriker:innen Sloweniens erschienen sind. Das war immer ein Traum von mir.
Ich bin ein queerer Autor, doch es gibt in der slowenischen Literatur natürlich Schriftsteller:innen, bei denen die LGBTQ-Thematik deutlich präsenter ist. Grundsätzlich bin ich aber kein Fan das Labels, das erinnert mich immer an andere blödsinnige Begriffe wie „Frauenliteratur“. Was soll das denn bitte sein?

Mit gefällt das Label „queere Literatur“ auch nicht besonders. In meiner Zeit bei einem kleinen Wiener Verlag wurde es dann jedoch wichtig, da ich damit gearbeitet habe, um Bücher zu promoten und ihnen zu Aufmerksamkeit zu verhelfen. Das war beispielsweise beim kroatischen Autor Dino Pešut der Fall. Ein Autor, der uns miteinander verbindet, denn ich habe die deutschsprachige Ausgabe seines Romans Tatin Sin herausgebracht, du die slowenische. Du arbeitest also auch im Verlagswesen.

Ja, das tue ich, obwohl ich es manchmal vergesse. Ich arbeite in mehreren Funktionen für den Verlag Beletrina: Ich bin Kurator des Fabula Festivals, zu dem wir auch Dino eingeladen und sein Buch veröffentlich haben, und leite zudem die meisten internationalen Projekte und Kooperationen des Verlags. Ich koordiniere das Lyrik-Netzwerk Versopolis, zudem das Projekt ArtACT, in dem es darum geht, wie Kunstprojekte auf gesellschaftliche Entwicklungen einwirken können. Darüber hinaus arbeite ich am europäischen Projekt Novel EU, bei dem wir europäische Autor:innen ins Slowenische übersetzen und Leseclubs für Schüler:innen, Studierende und Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu etablieren. Ein ganz neues Projekt, das ich dieses Jahr übernommen habe, ist Beletrina ThinkPub. Gemeinsam mit zwölf europäischen Verlagen bauen wir eine riesige Datenbank auf, die von Verlagen in ganz Europa genutzt werden kann.

Das sind viele Jobs. Das sind sogar sehr viele Jobs.

Aber ich will mich nicht nur an den Verlag Beletrina binden, über den alle eben genannten Projekte laufen. Daher arbeite ich auch für den slowenischen PEN und unterstütze meinen Verleger Brane Mozetič, indem ich ihm bei Förderanträgen helfe.

Wir könnten uns über viele deiner Aufgaben unterhalten, doch besonders interessiert mich für dieses Gespräch das Projekt Versopolis. Magst du erzählen, was es damit auf sich hat?

Das Lyrik-Netzwerk Versopolis wurde im Jahr 2014 von Beletrina gegründet, wird von Slowenien aus geleitet und als europäische Plattform für Poesie vom Förderprogramm Creative Europe unterstützt. Zum Netzwerk gehören aktuell 36 Poesiefestivals in ganz Europa, am Ende des Jahres wird sich das ein wenig reduzieren, dann sind es noch 40 Festivals.

Versopolis ist ein europäisches Projekt, das in Slowenien gegründet wurde. Warum eigentlich genau dort? Aufgrund der zentralen Lage? Vermutlich nicht.

Auf der letzten Frankfurter Buchmesse hat sich Slowenien als das Land der Poesie präsentiert. So verstehen wir uns auch. Eine ziemlich romantische Vorstellung, die aber nicht völlig von der Hand zu weisen ist. Ich stehe Beletrina nicht unkritisch gegenüber, aber dort arbeiten schon sehr viele gute Leute, die interessante Ideen haben und Versopolis war sicher eine davon. Ein wirklich innovatives Projekt, das sich stets weiterentwickelt und neue Formate ins Leben ruft. Natürlich gibt es auch andere tolle Datenbanken und Webseiten, wie zum Beispiel Poetry International oder lyrikline. Aber wir bringen einfach sehr viele Dinge unter einen Hut: Essays, Artikel, Videoformate und Podcasts. Wir bieten mehr als 400 aufstrebenden jungen Stimmen eine Heimat. Einerseits werden ausgewählte Texte der jeweiligen Autor:innen übersetzt und auf unserer Webseite veröffentlicht. Andererseits haben wir ein Mobilitätsprogramm, das Reisekosten übernimmt, so die Autor:innen von einem Partnerfestival eingeladen werden. Ist dies der Fall, wird zudem eine dreisprachige Broschüre in Auftrag gegeben, das man kostenlos auf dem Festival erhält. Das Mobilitätsprogramm ermöglicht es auch den Festivaldirektor:innen andere Festivals zu besuchen und sich zu vernetzen und voneinander zu lernen.

Wie werden Lyriker:innen Mitglied im Netzwerk? Läuft das über eine Bewerbung, muss da ein Antrag gestellt werden?

Das läuft über die Festivals. Jedes Partnerfestival nominiert jedes Jahr zwei neue Stimmen, die auf diese Weise Teil des Netzwerks werden, und lädt zwei Lyriker:innen, die bereits Mitglied bei uns sind, zu ihrem Festival ein. Völlig unabhängig von deren Nationalität. Das wird dann alles über uns finanziert. Wir achten lediglich darauf, dass es nicht immer dieselben Namen sind, die ausgewählt werden. Gerade etablierte Autor:innen werden ja bevorzugt eingeladen.

In wenigen Tagen werden wir uns beim Internationalen Lyrikfestival W:ORTE in Innsbruck sehen. Wirst du dort aus der Kleinen Anatomie lesen oder hast du ganz andere Texte mit im Gepäck?

Ich werde aus der Anatomie lesen. Ist ja auch ganz sinnvoll, da das Buch dort auch erhältlich sein wird. Ich werde meine Gedichte auf Slowenisch lesen, ein Schauspieler auf Deutsch. Ich hatte zunächst überlegt, auch ein paar neuere Texte zu lesen, um zu schauen, wie sie beim Publikum ankommen. Aber das setzt mich aktuell noch zu sehr unter Druck. In Slowenien warten einige Leute auf mein neues Buch und die Erwartungen sind sehr hoch. Einer der einflussreichsten Kritiker Sloweniens hat mich nach Veröffentlichung der Anatomie als die Stimme einer Generation bezeichnet. Und wenn du als Stimme einer Generation bezeichnet wirst, bist du im Grunde erledigt. Das stresst mich schon sehr. Wenn das nächste Buch dann endlich mal herauskommt, werde ich einfach für ein Jahr ins Ausland ziehen.

Aber das tust du doch ohnehin. Du bist ja ziemlich viel in Europa unterwegs, lebst mal hier und mal dort.

Eigentlich schon, ja. Da hast du Recht.

Eine letzte Frage. Was ist dir eigentlich lieber: eine klassische Lesung, nur du ganz allein auf der Bühne – oder liest du lieber im Rahmen eines Festivals?

Unbedingt Festivals. Ich sehe mich nicht als großen Namen. Und selbst wenn ich ein Literaturstar wäre … Ich liebe Festivals, da sie im Grunde ein magischer Raum sind, in dem diese wunderbaren und verwundbaren Kreaturen der Literatur für ein paar Tage zusammenkommen und ein bisschen außerhalb ihrer sonstigen Nische existieren können. Zusammen sind wir stärker. Festivals bieten für gewöhnlich einen engeren Kontakt mit dem Publikum, dafür sind sie da. Außerdem mag ich es, anderen zuzuhören. Das ist für mich m Grunde wichtiger, als selbst zu lesen. Wenn sich alles vermischt und alle miteinander reden, das ist toll.

Na dann, lieber Aljaž … Vielen Dank und bis ganz bald in Innsbruck!

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