Dorota Masłowska: Andere Leute

Von 05.04. 2020 April 7th, 2020 Bücher

Der Tag verkackt, wie jeder Tag verkackt. Beats im Plattenbau, drei Meter Samenstau. Dabei hat das Jahr gerade erst begonnen. Deine Rapper-Karriere, bereits völlig zerronnen. Kamil, du Wicht, wie siehst du aus im Gesicht? Die letzte Nacht wieder durchgesoffen, die Reste des Abends auf deine Jogger erbrochen. So bleibt man produktiv, zwischen all diesem Mief. Der Weihnachtsbaum nadelt, Digga, du nicht geadelt, rennst mit dicker Hose durch die Wohnung deiner Mutter, die gibt dir wenigstens Futter (dann und wann, kommt drauf an). Ne eigne Bleibe in Warschau hast du nicht, dafür bist du in der Birne viel zu dicht. Statt nem Job hast du Schulden, alle müssen dich erdulden. Du weißt nicht, wer du bist. Nur: Du. Bist da. Wo unten ist.

KAMIL: „Verpiss dich, Alter! Du hast im Text nichts zu suchen. Für deinen Auftritt hier wirst du ein Dislike verbuchen.“
LITERATURPALAST: „Aber Herr Janik, finden Sie es nicht auch erstaunlich, dass es Ihrer Autorin Dorota Masłowska gelingt, allein über die Sprache ihres Romans Andere Leute (Rowohlt Berlin, 2019) ein Bild der polnischen Gegenwart zu zeichnen? Durch Slang, misslungene Reime und gebrochene Rhythmen – eloquent übersetzt von Olaf Kühl – werden Themen wie Neoliberalimus, Homophobie, die prekäre Situation ukrainischer Arbeitsmigrant*innen oder die Abwanderung vieler Pol*innen nach Großbritannien angeschnitten. Die knapp 150 Seiten des Romans lesen sich wie im Rausch – einem Rausch der besseren Sorte, versteht sich. Kennen Sie das überhaupt?“ #micdrop
KAMIL: „Meine Rhymes sind exquisit, krasser noch als ein Tweet, vom Mann im Weißen Haus, also halt dich da raus.“

Wer spricht, wer spricht? Bist du da selbst so erpicht? Suchst ja selbst die andren Leute, auf der Suche nach der fetten Beute. Und warum? Und warum? Und warum? Nur für den Kick, für den Augenblick? Hör auf, Stoff zu verticken, mach jetzt bloß keine Zicken und lass dich nicht mehr blicken bei … (hier wahlweise einfügen)

… deiner Freundin (Freundin?) Anetta, bei der du dir in guten Momenten immerhin Mühe gibst (unbeholfen), aber für die du dich kaum interessierst (man ahnt, dass dies auf Gegenseitigkeit beruhen könnte).
der unglücklichen Iwona, die du durch einen Klempner-Job kennengelernt hast und die dir für eine schlechte Nummer ein bisschen Kohle zusteckt (sie hat’s ja).
… Iwonas Ehemann Maciej, einem unerwarteten Neukunden, der nicht ahnt, dass du seine Ehefrau „besser kennst“ (Iwona wiederum ahnt sehr wohl, das ihr Gatte sie mit einer anderen betrügt).
… deiner jüngeren Schwester Sandra, die eigentlich nur in Ruhe für die Schule lernen möchte und die gewiss drauf verzichten könnte, DAS (Dauererektion) ständig sehen zu müssen.
… deiner Mutter (in jedem erdenklichen Sinne).

Outro: Doch davon wirst du sicher berichten auf deiner CD. Auf deiner CD, Ojemine! Zum Schluss brauch ich noch etwas, das sich reimt und wähle Dreck. Du bist wie Zewa Küchenrolle – einfach wisch und weg!

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