Norbert Bisky: Fernwärme

Von 06.11. 2018 März 4th, 2020 Bücher
Tino Schlench - Literaturpalast - Norbert Bisky - Fernwärme Cover Bild3

Norbert Bisky – Sohn des ehemaligen PDS-Bundesvorsitzenden Lothar Bisky und jüngerer Bruder des Publizisten Jens Bisky – gehört zu den bekanntesten zeitgenössischen Malern Deutschlands. Geprägt durch seine Kindheit und Jugend in der DDR, orientieren sich viele seiner zumeist großformatigen, figurativen Gemälde an den Werken des sozialistischen Realismus. Und wie böse Zungen behaupten: auch an der faschistischen Ästhetik des Nationalsozialismus – was, unter uns gesagt, ein großer Blödsinn ist.

Der eine oder die andere mag sein farbenprächtiges Bild Vertigo kennen, das im Erdgeschoss des Berliner Techno-Clubs Berghain zu bestaunen ist (war?) … so man in dem verschwitzten Sündenpfuhl überhaupt die Augen dafür hat und Interesse aufbringen möchte für edle Einfalt und stille Größe. Alternativ bot sich im Herbst 2018 ein Besuch des Museums Langmatt in Baden an, wo die erste Einzelausstellung Biskys in der Schweiz stattfand (Liebe Leserin, lieber Leser, Sie werden gewiss erkannt haben, wann dieser Beitrag auf Instagram veröffentlicht wurde.) Diese Ausstellung trug den fantastischen Titel Fernwärme und versammelt Arbeiten aus den vergangenen zehn Jahren zum Thema Familie – ein Begriff, der hier sehr weit gedacht wird.

Viele der in Baden gezeigten Werke konfrontieren uns mit heroischen, halb entblößten Männerkörpern, in denen sich der virulente Körperkult unserer Zeit manifestiert. Diese Körper aber – und mit ihnen die Normen von Schönheit, Sexualität und Begehren gleichermaßen – sind fragil und werden in den gleißenden Gemälden Biskys aufgelöst, zerfressen und zerfetzt in ihre Einzelteile. So öffnet sich ein Raum für Ambivalenzen, Widersprüche, Uneindeutiges. Neben den Bildern Norbert Biskys wurden in den Ausstellungskatalog (Hatje Cantz, 2018) auch zahlreiche kleinere Texte aufgenommen (u. a. von Silke Scheuermann und Arno Geiger), deren Auswahl sich nicht immer erschließt. Eher unbefriedigend ist das Gespräch zwischen Bisky und dem Kurator der Ausstellung am Ende des Bandes, das aufgrund seiner Kürze nur wenig zum Verständnis der Exponate beiträgt. Deren beunruhigender Schönheit tut dies jedoch keinen Abbruch.

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