Beka Adamaschwili: Bestseller

Von 05.10. 2018 März 4th, 2020 Bücher
Tino Schlench - Literaturpalast - Beka Adamaschwili - Bestseller 2

Sex sells! Alte Marketing-Weisheit. Noch besser aber als nackte Haut und Koitus verkauft der Tod. Das weiß auch Pierre Sonnage, Hauptfigur des Romans Bestseller (Voland & Quist, 2017) des georgischen Autors Beka Adamaschwili, der – das kann kein Zufall sein – für eine große georgische Werbeagentur arbeitet. Sterben für den Fame also. Doch für einen zünftigen Rockstar-Tod ist der erfolglose französische Schriftsteller Sonnage freilich schon zu alt. In den „Club 27“, dem so glamouröse Gestalten wie Jimi Hendrix, Kurt Cobain oder Amy Winehouse angehören, wird er es mit seinen 33 Lenzen nicht mehr schaffen. Too old to die young. Da muss dann eben der Allmächtige helfen. Warum also nicht einfach im Jesus-Alter das Zeitliche segnen? Auch eine schöne Referenz.

Und so stürzt sich Sonnage vom höchsten Gebäude der Welt in Dubai. Ein Publicity-Stunt ohne Sicherungsseil, der ihn direkt in die Literatenhölle befördert. Hier muss er sich zahlreichen Rätseln stellen, bei deren Auflösung ihm namhafte Kollegen wie Dante, Poe oder Conan Doyle nicht unbedingt eine Hilfe sind. Währenddessen versucht Lucy, sein größter (und einziger) Fan im Diesseits, seinen Tod zu ergründen und kommt dabei einem vermeintlichen Frauenmörder auf die Spur.

Mindestens die erste Hälfte des Buches ist ein großer Spaß: Illustre Verweise auf die Weltliteratur, Seitenhiebe auf den Literaturbetrieb, besserwisserische Fußnoten, kursiv gedruckte Meta-Kommentare der Autor-Instanz und vielversprechende Handlungsstränge. Keine Zote wird ausgelassen – und die meisten funktionieren. Dann jedoch feiert das Buch Bergfest und erlebt wie Sonnage eine Art Sturzflug. Oder um es mit den Worten der weiblichen Hauptfigur zu sagen: „Lucy war enttäuscht. Die Geschichte hatte so interessant begonnen und nun …“ Viele originelle Ideen verlaufen völlig im Sande und bleiben damit reine Staffage. Zudem unterschätzt Adamaschwili sein Publikum und löst am Ende deutlich zu viele Verweise und Anspielungen selbst auf. So macht das aber keinen Spaß. Spielverderber!

Übersetzt von Sybilla Heinze

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