Gewiss, gewiss. Elfriede Jelinek ist selbstverständlich keine Schriftstellerin der DDR. Auch zu den osteuropäischen Autorinnen wird man die österreichische Nobelpreisträgerin wohl nicht zählen. Doch ihr Drehbuch Eine Partie Dame (Verbrecher Verlag, 2018), das sie bereits im Jahr 1980 verfasst hat, spielt mitten im Kalten Krieg. In ihrer Heimatstadt Wien – zur Zeit der Handlung Metropole zwischen Ost und West und Mekka für EmigrantInnen und AgentInnen – treffen der polnische Kommunist Andzrej und die junge Studentin Lisa aufeinander. Er ist der Kopf eines Spionagerings, der westliche Technologie in die DDR schmuggelt, und betreibt zur Tarnung ein schäbiges Lokal in der Wiener Innenstadt, das von zahlreichen dubiosen Gestalten bevölkert wird. Sie studiert Theaterwissenschaften und sieht prächtig aus, eignet sich durch ihre Herrschsucht und ihren manipulativen Charakter aber nicht gerade zur Sympathieträgerin. Sie ist ugly from the inside, kommt aber damit durch.
”„ANDZREJ: Wieder zu viel Shakespeare gelesen? Sie haben so einen dramatischen Blick.
Lisa schweigt beleidigt. Sie weiß nicht, wie sie diesen Mann nehmen soll. Er rutscht ihr immer durch die Finger. Sie geht wieder auf's Klo.“
Elfriede JelinekEine Partie Dame
Es ist kaum der Erwähnung wert, dass sich schon bald eine Romanze zwischen den beiden entwickelt, an der aber im Grunde niemand der Beteiligten eine Freude hat. Oh Moment! Wir, die Lesenden, haben das schon. Denn Elfriede Jelinek hat sich mächtig ins Zeug gelegt, hier eine ziemlich süffige Agenten-Story vorzulegen, die einen rasanten Film versprochen hätte. Nur ging sich dieser leider nicht aus, wie man in Österreich zu sagen pflegt. Am Ende scheiterte das Projekt an der ausbleibenden Filmförderung. Dabei standen Regisseur und Produzent schon fest. Und auch die Besetzung hatte bereits konkrete Formen angenommen: Jelinek wünschte sich für die Rolle des Andzrej den französischen Barden Serge Gainsbourg (der prompt zusagte) – die weibliche Hauptrolle sollte die damals völlig unbekannte Tilda Swinton übernehmen. Auch sie saß eigentlich schon im Boot, das Paddel fest in der Hand. Aber nützt ja alles nichts, wenn der Kahn schon vor der Jungfernfahrt absäuft.